Medien als touristische Sprachtrainer TEIL 1

 

Die Sprache ist immer noch das großartigste und bedeutungsvollste Medium der Welt. Daran werden auch die sogenannten „neuen Medien“ in Zukunft nichts ändern. Offen bleibt in ferner Zukunft eigentlich nur, ob die Menschheit eines Tages in der Lage sein wird, mit nur einem Sprachsystem zu kommunizieren und wie dieses Sprachsystem dann aussehen könnte. Tendenziell kann besonders in den beliebtesten Reisedestinationen dieser Welt sehr gut beobachtet werden, wie bestimmte Sprachsysteme Dominanz erlangen. Eine Dominanz, die speziell auf das Fernsehen zurückzuführen ist.

Das Fernsehen als globaler Sprachtrainer

Mit zunehmendem Alter wird es nahezu unmöglich, eine fremde Sprache zu lernen. Aber wir wissen auch, dass man eigentlich niemals zu alt ist, um etwas zu erlernen. In diesem Spannungsfeld bewegt sich auch das Fernsehen. Ist Fernsehen ein Medium, das uns zunehmend verroht? Oder überwiegt der Bildungscharakter des Mediums. Beide Eigenschaften können heute unumstritten dem Fernsehen zugeschrieben werden. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, wenn Fernsehen auch zukünftig kein interaktives Medium sein wird. Die Kraft es Fernsehens liegt nämlich gerade in seiner Passivität. Das Pull-Medium bleibt ein Pull-Medium, weil gerade diese Eigenschaft von Fernsehkonsumenten geschätzt wird. Die direkte und sofortige Antwort auf eine bestimmte Botschaft ist bei diesem Medium weder möglich, noch von Sendern und Empfängern erwünscht. Mich interessiert in diesem Zusammenhang speziell die Bildungsfunktionalität, die über die heimischen Grenzen hinaus erst mit dem Einzug von Satellitenfernsehen an globaler Bedeutung für touristische Länder gewonnen hat.

Wie das Fernsehen Ägypten zu einem der beliebtesten Urlaubsziele formte

Als ich in den 90ern das erste Mal meinen Urlaub in Ägypten verbrachte, war es für mich nahezu unmöglich, mit den Einheimischen zu kommunizieren. Damals konnte man arabisch oder französisch sprechen, um sich nicht mit Händen und Füssen mitteilen zu müssen. Englisch wurde nur von wenigen Ägyptern gesprochen. Kaum 15 Jahre später war ich wieder in Ägypten und über die sprachlichen Entwicklungen mehr als überrascht. Mein damaliger Urlaub in Ägypten führte mich auch zu neuen Erkenntnissen über die Entwicklung von Fernsehkulturen. Egal, ob ich durch Luxor oder Assuan fuhr, überall konnte ich mich selbst davon überzeugen, dass das Fernsehen mittlerweile auch in den bescheidensten Behausungen ein festes Zuhause gefunden hat. „Ägypten ist heute auch das Land der Satellitenschüsseln“, wie mir unser Reiseleiter schmunzelnd erzählte. Und es wäre deshalb auch sehr kurzsichtig anzunehmen, dass die Kulturkenntnisse der einheimischen Straßenhändler, über Deutschland oder Österreich, alleine auf Begegnungen mit dem Massentourismus basieren. Freilich ist das auf den Straßen Ägyptens erworbene „Touristendeutsch“ nicht zu überhören, die genauen Kenntnisse über die deutsche Fernseh- und Werbelandschaft verraten aber vor allem auch den regen Konsum internationaler Fernsehprogramme.

Deutschsprachige Touristen gehören gewiss zu einer der wichtigsten Zielgruppen für die Einheimischen, die vom Massentourismus leben. Die Wissensneugierde der Ägypter beschränkt sich aber keinesfalls nur auf uns Mitteleuropäer. Davon konnte ich mich persönlich in Kom Ombo überzeugen. Egal ob ich mich mit Straßenhändlern oder Lehrern unterhielt. Die Menschen, die ich kennenlernte, sprechen heute deshalb englisch, weil sie die Möglichkeit haben, englischsprachiges Fernsehen zu konsumieren. Ich war wirklich verblüfft, als mir diese bescheiden lebenden Menschen ihr Wissen über die deutsche Medienlandschaft demonstrierten. Das Fernsehen konnte sich als wichtiger Sprach- und Kulturführer für die Ägypter etablieren. Es informiert die Bevölkerung am Weltgeschehen und fördert somit auch die Kommunikationsfähigkeiten in Handel und Tourismus. Fernsehen lässt auch die ärmlichen Gesellschaften an den Ereignissen der Welt teilnehmen. Das Fernsehen etabliert die bildenden Partizipationsqualitäten jedoch nur als freies Medium. Mit anderen Worten: Fernsehen ist und bleibt ein durch staatliche Organe kontrollierbares Medium.

Fernsehen als kontrolliertes Medium

Während der ersten Aufstände in Ägypten vor einigen Jahren mussten wir wieder daran erinnert werden, dass Fernsehen und speziell der Fernsehkonsum vom Staat kontrolliert und zensiert werden kann. Damit erfolgt auch im Bereich passiv abholbarer Informationen ein verheerender Einschnitt. Die Bevölkerung wäre innerhalb weniger Augenblicke von der Partizipation am Weltgeschehen völlig abgeschnitten, wenn es nicht auch noch das Internet gäbe. Das Internet lässt sich nicht so einfach wie Fernsehen, ohne Überwindung der unzähligen Abhängigkeiten, domestizieren. Allerdings erfordert das Web Interaktion. Eine Eigenschaft, die wiederum speziell während Krisenzeiten, so wie wir sie auch in Ägypten beobachtet haben, ihr volles Potential ausschöpfen kann.

Ägypten ist auch heute noch ein sehr beliebtes Urlaubsziel für viele Europäer. Unberührt von den Unruhen im Land zeigt sich auch weiterhin der Massentourismus, der das angeeignete Sprach- und Kulturwissen, durch den Fernsehkonsum der Einheimischen, nach wie vor sehr schätzt. Leider hat das Medium Fernsehen mit den Möglichkeiten als Sprach- und Kulturtrainer auch schon versagt. Darüber im zweiten Teil dieses Beitrages mehr.

Warum Politiker das Fernsehen brauchen

 

Das Fernsehen gehört immer noch zu den führenden Leitmedien. Es ist derzeit auch überhaupt nicht beobachtbar, dass das Internet das Fernsehen zukünftig verdrängen wird. In der Medienwissenschaft gilt immer noch, dass ein neues Medium ein bestehendes und bereits etabliertes Medium niemals völlig verdrängen konnte. Lediglich der Umgang mit dem länger bestehenden Medium veränderte sich. Sehr gut lässt sich ein solcher Wandel am Beispiel Radio veranschaulichen, dessen Gebrauch sich vom einstigen Leitmedium zu einem Tagesbegleitmedium veränderte. Auch der Umgang mit Fernsehen hat sich bereits heute sehr deutlich verändert. Wir sehen das anhand von einigen Sachsendungen, Dokumentation oder eben auch politischen Diskussionsrunden. Die Dramatisierung hat bereits heute in diesen Fernsehformaten ihren spektakulären Höhepunkt gefunden.

Pure Emotionen, statt sachlichen Informationen

Politische Talkrunden gehören in Österreich und in Deutschland zu einem wichtigen Programmpool. Interessanterweise scheinen in Deutschland die öffentlich rechtlichen Sender größeres Interesse an diesem Format zu haben, als in Österreich. In Österreich werden politische Talkrunden vorwiegend von den privaten Sendern ATV und Puls4 ausgestrahlt.

Die Vermittlung sachlicher Kompetenz ist aber sowohl in den öffentlichen, als auch privaten Sendern, längst der emotionalen Selbstdarstellung politischer Persönlichkeiten gewichen. Das Fernsehen hat das dramaturgische Potential dieser Inszenierungen erkannt und konstruiert dementsprechend auch konflikthaltige Talkrunden. Der gravierende Qualitätsunterschied zwischen deutschen und österreichischen Talkrunden wird Thema eines anderen Blogbeitrages sein, nur so viel bereits jetzt: In Österreich haben politische Diskussionen längst nichts mehr mit dem Austausch unterschiedlicher Meinungen zu tun, sondern sind vor allem im Privatfernsehen nichts anderes als Stammtischgeschrei von Politikern. Nicht umsonst meiden viele österreichische Spitzenpolitiker gerade diese emotionalisierten Formate und entsenden stattdessen lieber ihre „Parteiuntertanen“ in die Schlacht.

Auf der Suche nach einem politischen Vorbild

Was speziell die österreichische Politik daher dringend benötigt, ist ein glaubwürdiges Vorbild. Und warum sollte es auch keine politischen Vorbilder geben? Das beharrliche Vertreten der eigenen Meinung, der damit verbundene Verstoß gegen Konventionen und die Ausstrahlung von Ehrlichkeit sind die Grundpfeiler für den Aufbau eines gelungenen Images für einen Politiker. Die Voraussetzungen, ein solches Image zu vermitteln, sind für viele Politiker heute besser denn je. Populistische Prahlereien und der unkritische Anschluss an sämtliche Parteiinteressen können längst nicht mehr einen fruchtbaren Beitrag zur Aufmerksamkeitserregung leisten. Die Bürger lassen sich nicht mehr so leicht an der Nase herumführen. Das Bild der österreichischen Politik ist eingefroren und die dramaturgischen Konstruktionsmöglichkeiten des Fernsehens sind den medial aufgeklärten Bürgern ebenfalls nicht mehr unbekannt. Darüber können wir uns heute nicht mehr empören, sondern bestenfalls ergötzen.

Politiker brauchen das Fernsehen

Die Politiker unterwerfen sich immer noch sämtlichen Marotten des Fernsehens, weil sie süchtig nach den Inszenierungsmöglichkeiten des Mediums sind. Sie wissen, dass kein anderes Medium ihr Image und ihre Inszenierungen so schnell und komfortabel für eine große Menschenmasse verbreiten kann. Der „Live-Charakter“ einer Fernsehsendung täuscht dabei oft über die Tücken des Mediums hinweg. Was in Absicht authentisch sein zu wollen gedacht ist, endet schnell als peinliches Outing, das vielen Politikern sogar nach einer Sendung oft nicht bewusst ist. Mit aller Brutalität entblößt nämlich ausgerechnet das komfortable Medium Fernsehen jede Kleinigkeit im Verhaltensmuster politischer Inszenierungen. Deshalb gelten sehr viele Politiker in ihrer Bevölkerung heute oft nur noch als peinliche Selbstdarsteller, die es zu wählen sicherlich nicht lohnt. Unsere Spitzenpolitik sollte sich darüber und über das transformierte Bild durch politische Sendungen dringend Gedanken machen.

Das Fernsehen kann aber immer noch ein politisches Image hervorragend vermitteln. Freilich hat sich das Medium verändert. Es ist emotionaler und schneller geworden und die Möglichkeiten, Botschaften zu vermitteln, haben sich zugleich radikal verkürzt. Fernsehen verzeiht weniger Fehler und schon gar nicht die Inkompetenz eines Politikers. Dafür reflektiert das Medium aber auch sehr wohl die Aufrichtigkeit einer öffentlichen Person.

Aber auch das Fernsehen braucht die Politiker. Hierbei geht es nicht nur um Quote. Es geht um sich bedingende Wechselabhängigkeiten, die das Thema im nächsten Beitrag sein werden.